FAQs: Energiekrise und Auswirkungen auf den Sport
Welche aktuellen Entwicklungen der Energiekrise bereiten der Politik Sorgen?
Die Bundesregierung bereitet sich auf eine Gas-Notlage mit Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik vor. Am 23. Juni 2022 hat das Bundeswirtschaftsministerium die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Bereits im Frühjahr haben zahlreiche Städte Energiekrisenstäbe eingerichtet, die Einsparmaßnahmen für Wärme und Strom entwickeln. Mit der Alarmstufe werden diese Pläne nun konkreter: Die kommunalen Spitzenverbände haben Maßnahmenvorschläge an die Kommunen versendet, welche u.a. die Absenkung der Wassertemperaturen in Schwimmbädern, Abschaltung von Warmwasserbereitung in Sport- und Turnhallen sowie Funktionsgebäuden und die Absenkung der Raumtemperatur in gedeckten Sportanlagen beinhalten. In einem aktualisierten Schreiben wird auch die Schließung von Hallenbädern und Saunen als kurzfristig umsetzbare Maßnahme vorgeschlagen.
Was bedeuten diese Entwicklungen für die Energiepreise?
Der zunehmende Gasmangel wirkt sich natürlich auch auf die Preisentwicklung aus. Mit einer weiteren Verknappung der Gasmengen und damit auch weiteren Preissteigerungen ist laut der Bundesregierung zu rechnen. Bundesminister Habeck äußerte die Befürchtung, dass sich die Gaspreise verachtfachen könnten. Vor einem Jahr lag die Megawattstunde Gas ungefähr bei 20 Euro, bereits jetzt liegt der Preis zwischen 140 bis 150 Euro. Andere Quellen berichten von Preissteigerungen von 300%.
Wieso sind Schwimmbäder besonders betroffen?
Mehr als 90% der Schwimmbäder werden aktuell mit Gas beheizt. Das Schwimmbad als Sondersportstätte ist diejenige Sportanlage, die den höchsten Energiebedarf aufweist. Sie werden fast ausschließlich durch Kommunen oder private Betreiber betrieben. Nur wenige Sportvereine besitzen ein vereinseigenes Schwimmbad.
Welche Auswirkungen hat die Energiekrise konkret auf die Sportvereine?
Die Schließung von Bädern und Sporthallen als Reaktion auf den Gasmangel steht im Raum. Der Deutsche Städtetag hat den Kommunen bereits entsprechende Maßnahmenplanungen empfohlen. Zudem werden die Absenkungen von Raum- und Wassertemperaturen empfohlen, die ebenfalls Auswirkungen auf die Nutzbarkeit von Sportstätten haben können (siehe Vorgaben). Hinsichtlich der Preissteigerungen bei Sportstätten in kommunaler Trägerschaft ist mit einer Weitergabe der Kosten durch erhöhte Nutzungsgebühren für Sportvereine zu rechnen. Sportvereine, die über vereinseigene Sportstätten verfügen, müssen diese zusätzlichen Mehrkosten alleine tragen. Diese Mehrkosten können vom Sportverein, dessen Einnahmestruktur auf Mitgliedsbeiträgen basiert, nicht ohne Weiteres kompensiert werden. Die einzige Möglichkeit zur Kompensation in Form von höheren Mitgliedsbeiträgen ist nach herausfordernden Pandemiejahren mit Mitgliederverlusten keine Option. Der Sport liefe Gefahr als Luxus betrachtet zu werden, da sich nicht mehr Jeder und Jede den Zugang zum Sportverein leisten kann. Genau wie bei kommunalen Sportstätten besteht hier aufgrund der Preissteigerung die Gefahr der Stilllegung der Sportstätten. Dies wäre nach den herausfordernden Pandemiejahren eine existenzbedrohende Katastrophe für den Sport und insbesondere seiner Sportvereine.
Welche Vorgaben gibt es zur Wärmeversorgung von Sportstätten?
Nach DIN-Norm 18032-1 wird eine Raumtemperatur von 17°C bei Sporthallen empfohlen. Die aktuell geltenden AMEV-Hinweise für das Bedienen und Betreiben von heiztechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden geben eine Mindesttemperatur von 15°C in Sporthallen vor (bei schulischer Nutzung 17°C). Des Weiteren gibt es verschiedene Vorgaben von Mindesttemperaturwerten für Sporthallen von Sportverbänden. Der Internationale Volleyballverband (FIVB) gibt als generelle Mindesttemperatur 10°C an, jedoch müssen bei offiziellen Veranstaltungen des FIVB die Sporthallentemperatur zwischen 16°C und 25°C liegen. Der Deutsche Tischtennis-Bund gibt 15 Grad als Mindestmaß für Sporthallen an. Mindestens 18°C sehen der Deutsche Handballbund und der Internationale Badmintonverband (BWF) vor.
Wie äußert sich die Öffentlichkeit/Politik zum drohenden Energie-Lockdown für Sportstätten?
"Wir können nicht jeden Betrieb als systemrelevant einstufen. […] Produkte und Angebote, die in den Freizeit- und Wohlfühlbereich fallen, [wären] eher nachrangig. Schwimmbäder gehören wohl nicht zum kritischen Bereich, genauso wie die Produktion von Schokoladenkeksen." (Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur). „Dass hier möglicherweise zunächst Produkte und Angebote von Freizeitaktivitäten als erstes ‚vom Netz‘ genommen werden sollen, halte ich für angemessen in einer solchen Ausnahmelage und angesichts des Ziels sicherzustellen, dass die Produktion und die Dienstleistungen für die Daseinsvorsorge aufrechterhalten werden können.“ (Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks).
Welche Handlungsvorschläge gibt es von Trägern und Betreibern?
Der Deutsche Städtetag (Stand 07.07.22) schlägt einige Maßnahmen zur Energieeinsparung vor:
- Absenken der Badewassertemperatur in Schwimmhallen (hierbei sollen Reha- und Seniorenschwimmen, Schwimmunterricht für Kinder, Babyschwimmen beachtet werden)
- Betrieb von Saunen und Hallenbädern aussetzen
- Unterbrechung der Beckenwassertemperierung in Freibädern
- Abschaltung der Warmwasserbereitung in ausgewählten öffentlichen Gebäuden
- Absenkung der Raumtemperatur in Sport- und Turnhallen (ab Beginn der Heizperiode)
Die Bäderallianz schlägt einen drei Stufenplan der Bäder infolge der Gasnotlage vor:
- Stufe 1: Abschaltung der hochtemperierten Außenbecken, und ggf. zusätzlich Freibäder unbeheizt bis zum Saisonende weiter betreiben
- Stufe 2: Alle freizeitaffinen Becken (alles außer Sportbecken und Lehrschwimmbecken) außer Betrieb nehmen
- Stufe 3: Wassertemperatur in den verbleibenden Sport-/Lehrschwimmbecken auf 26 °C absenken
Gibt es bereits Hilfsprogramme oder -zusagen?
Für Privatverbraucher: Im sogenannten Osterpaket wurden bereits mehrere Maßnahmen zur Entlastung der Privatverbraucher umgesetzt, wie bspw. das 9-Euro-Ticket für den ÖPNV, der Tankrabatt, die einmalige Pro-Kopf-Pauschale i.H.v 300,- Euro sowie die Abschaffung der EEG-Umlage. Einige dieser Entlastungen laufen zum 31.08.2022 ab, weshalb die Koalition aktuell weitere Vorschläge wie eine Preisgarantie (bspw. geknüpft an Verbrauch/Pro Kopf), weitere Einmalzahlungen oder einen Einsparbonus diskutiert.
Für Unternehmen: Ein Energiekostendämpfungsprogramm soll insbesondere energieintensive Unternehmen entlasten (Fördervolumen 5 Mrd. €, maximal 50 Mio. pro Unternehmen, nicht-rückzahlungspflichtiger Zuschuss). Zudem diskutiert die Bundesregierung über mögliche Hilfen oder Übernahme von Energiekonzernen.
Für Kommunen: Die Landesregierung NRW spannt einen Rettungsschirm für Stadtwerke. Von Seiten des Bundes sind bislang keine Pläne bekannt.